Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

--- altoetting [2025/06/08 13:07]
selbstorg [Vor etwa 28 Jahren ... (heute: 40 Jahre?)]
+++ altoetting [2025/06/08 13:46] (aktuell)
selbstorg ["Mein Vater war ja nicht der einzige Mann, der als seelischer Krüppel aus dem Krieg nach Haus gekommen ist."]
@@ Zeile 1: / Zeile 1: @@
-**[[Altötting]]** begann als Auszug aus **[[Hildegard Hamm-Brücher]]**
+**Der Text zu [[Altötting]]** begann als Auszug aus dem Text zu **[[Hildegard Hamm-Brücher]]**
+==== Erste ungeordnete Gedanken ====
-Die Verarbeitung der Schäden, im Prinzip oft direkte Folgen des 3. Reiches, das unsere Väter und Mütter zu Grobianen und Duckmäuschen deformiert hatte, wie es mein früherer Straßen-Nachbar **Andreas Altmann** in seinem Buch **„Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“** beschrieben hat (jetzt auch als Piper-Taschenbuch).
+**Die Verarbeitung der Schäden, im Prinzip oft direkte Folgen des "[[3.Reich]]es",** das unsere Väter und Mütter zu Grobianen und Duckmäuschen deformiert hatte, wie es mein früherer Straßen-Nachbar **Andreas Altmann** in seinem Buch **„Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“** beschrieben hat (gibt es auch auch als Piper-Taschenbuch, entstand nach einem Telefonat zu meinem **[[Ketzerbrevier]] eines [[Altötting]]er Ministranten: Denn sie wissen nicht, was Liebe ist**).
-Die sadistischen Lehrer und unser „ehrenwerter Rektor Burger“ waren angesehene Leute in der Kleinstadt, und sie boten uns mit den heimatlichen Gefängnissen der Kindheit genug Abschreckung für’s Leben, und mancher wie der rothaarige Reinhard Pillock brachten sich schon frühzeitig um.
+**Die sadistischen Lehrer und unser „ehrenwerter Rektor Burger“ waren angesehene Leute in der Kleinstadt,** und sie boten uns mit den heimatlichen Gefängnissen der Kindheit genug Abschreckung für’s Leben, und mancher wie der kleine rothaarige Reinhard Pillock brachten sich schon frühzeitig um.
-Keiner meines Einschulungs-Jahrgangs 1960 hat ein Klassentreffen organisiert, keiner will sich freiwillig erinnern. Zu schwer liegt die Scham über die erlittene Qual über den schönen Anteilen, die uns der alte Wallfahrtsort geboten hatte.
+**Keiner meines Einschulungs-Jahrgangs 1960 hat ein Klassentreffen organisiert,** keiner will sich anscheinend freiwillig erinnern. Zu schwer liegt die Scham über die erlittene Qual über den schönen Anteilen, die uns der alte Wallfahrtsort geboten hatte.
-Altötting blieb über die Jahrzehnte von den konfessionellen Strukturen geprägt, die durch die Gemeinschaftsschulen abgelöste werden sollten, und das hieß auch: Schweigen über den Sadismus von Kaplänen, beichten und beten … oder verschwinden.
+**Einen Ausgleich in ihrer Art versuchten die christlichen Fräuleins,** damals noch geschworene zölibatäre Jungfrauen als Lehrerinnen, damit sich ihre Ausbildung auch lohnen sollte: Ein Relikt aus der königlich privilegierten katholischen Schulaufsicht, in der der Ortspfarrer der Chef der Lehrkräfte war, mit freundlichen Bildchen, frommen Sprüchen und reichlich Anregungen zu Kirchen- und Rosenkranz-Besuchen.
-Natürlich konnte man auch so weiter machen: Schafkopfen, heimlich dies oder das, aber bloß nichts aufdecken, was da unter den alten Talaren gewesen war, wie die versteckten slowakischen Faschisten-Priester und Judenmörder … Rattenlinien der frommen Antikommunisten bis Argentinien, Chile und Peru, auch als Mission …
+Altötting blieb über die Jahrzehnte von den konfessionellen Strukturen geprägt, die durch politisch von Gemeinschaftsschulen abgelöste werden sollten, und das hieß auch: Schweigen über den Sadismus von Kaplänen, beichten und beten … oder verschwinden.
+**Natürlich konnte man auch so weiter machen: Schafkopfen, heimlich dies oder das**, aber bloß nichts aufdecken, was da unter den alten Talaren gewesen war, wie die versteckten slowakischen Faschisten-Priester und Judenmörder … Rattenlinien der frommen Antikommunisten bis Argentinien, Chile und Peru, auch als Mission … bis in [[Altötting]]er Klöster.
 {{ :altoetting-alt.jpg?900|}}
 **Dank an das https://www.niederbayern-wiki.de** für https://www.niederbayern-wiki.de/images/0/07/Altoetting-alt.jpg
-===== "Mein Vater war ja nicht der einzige Mann, der als seelischer Krüppel aus dem Krieg nach Haus gekommen ist." =====
+==== "Mein Vater war ja nicht der einzige Mann, der als seelischer Krüppel aus dem Krieg nach Haus gekommen ist." ====
-schrieb **Andreas Altmann**. Wir hatten es für annähernd normal gehalten, was der bayrische Landtag in den 60er Jahren in Diskussionen auf den damals absurd wirkenden Vorschlag der Abgeordneten **[[Hildegard Hamm-Brücher]]** diskutierte: Die Prügelstrafe in der Schule abzuschaffen. Sie war unser beinah alltägliches Erleben, und auch die alten Fräuleins nutzten den Tatzenstock noch reichlich.
+schrieb **Andreas Altmann**. **Wir hatten es für annähernd normal gehalten, was der bayrische Landtag in den 60er Jahren in Diskussionen auf den damals absurd wirkenden Vorschlag der Abgeordneten **[[Hildegard Hamm-Brücher]]** diskutierte: Die Prügelstrafe in der Schule abzuschaffen.** Sie war unser beinah alltägliches Erleben, und auch die alten Fräuleins nutzten den Tatzenstock noch reichlich.
 Nur war es bei einigen Lehrern und dem Rektor auch klarer Sadismus, und Kaplan Stadlthanner drehte uns die Schläfenhaare, bis wir jaulten, wenn er den Katechismus abfragte.
-Das edle Haus Altmann, an dessen Park (und seinem manchmal offenen Tor) ich immer auf dem Weg in die Kirche vorüberging, war immer geheimnisvoll, die Mutter krank, hieß es, aber die SS-Mitgliedschaft war nicht ruchbar geworden, weil die Bürgerschaft an solchen Punkten dicht hielt: Dort hatte es angeblich kaum Nazis gegeben.
+**Das edle Haus Altmann, an dessen Park (und seinem manchmal offenen Tor) ich immer auf dem Weg in die Kirche vorüberging,** war immer geheimnisvoll, die Mutter krank, hieß es, aber die SS-Mitgliedschaft war nicht ruchbar geworden, weil die Bürgerschaft an solchen Punkten dicht hielt: Dort hatte es angeblich kaum Nazis gegeben.
+Gegenüber hatte der alte Schuster Stiehl ein äußerst schmales Häuschen mit einer Bank davor, auf der der freundliche Mann bei jedem schönen Wetter saß und arbeitete, immer nett auch zu uns Kindern, die manchmal bei ihm stehenblieben. Ein paar Häuser weiter schaute die alte "Mare" aus ihrem offenen Fenster und freut sich auf ein kleines Gespräch, irgendwann auch mit der geträumten Sorge, dass sie ihr eigenes Grab schaufeln müsste, was ich - als Kind - gerne für sie übernehmen wollte.
 **"Der Lehrer Johann Korbinian Spahn drischt vor versammelter Klasse auf den nackten Hintern des gerade in Ungnade gefallenen Schülers und zwingt ihn, die Ablassformel zu brüllen: »Ich bitte um Barmherzigkeit!« "**
@@ Zeile 31: / Zeile 36: @@
 **Das Hauptstaatsarchiv München** birgt ein paar Blätter, auf denen jemand zusammengestellt hatte, dass der Butter und Käsehändler, der Fotograf (in jedem Haus ein Hitlerbild!) und durchaus noch etliche angesehene "edle Bürger" in **[[Altötting]]** in der Nazi-Zeit schuldig geworden waren, aber auch die Klöster deckten auf der Rattenlinie nicht nur geweihte Priester wie den **Judenschlächter der Slowakei, Tiso**, weil er ja Kleriker war. Am Schweigen ist das Leben in der Stadt erstickt. https://de.wikipedia.org/wiki/Jozef_Tiso
-Zu dessen Hinrichtungstag 18. April 1947 gab es (1967?) eine seltsame Ansammlung von wenig fromm erscheinenden Männern, die befremdet und befremdend in den Kirchen und Straßen herumstanden und seines rechten antijüdischen Katholizismus gedachten, der durchaus zur Linie des rechten Hitler-Untertanen [[Faulhaber]] passte, auf dem Weg zwischen dem Kloster in [[Altötting]] und München war den Alliierten damals sein außerordentlicher Autoverkehr zum Kardinal aufgefallen.
+**Zu dessen Hinrichtungstag 18. April 1947 gab es (1967?) eine seltsame Ansammlung von wenig fromm erscheinenden Männern,** die befremdet und befremdend in den Kirchen und Straßen herumstanden und seines rechten antijüdischen Katholizismus gedachten, der durchaus zur Linie des rechten Hitler-Untertanen [[Faulhaber]] passte, auf dem Weg zwischen dem Kloster in [[Altötting]] und München war den Alliierten damals sein außerordentlicher Autoverkehr zum Kardinal aufgefallen.
 **Die Ehrung der getöteten Retter der Stadt im "Endkampf" April 1945 hatte darum etwas gedauert,** steht aber jetzt immerhin auf den Seiten der Kommune: https://www.altoetting.de/unsere-stadt/stadtgeschichte/opfer-des-28-april-1945/
@@ Zeile 92: / Zeile 97: @@
 In dieser alten Stadt der Geschichte werden wir ein paar zu unseren Storys
 zusammentragen, vielleicht auch im Internet dazu weiterschreiben:
+====Referenzen: ====
+  * **Andreas Altmann:**„Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ Piper TB München 2011
+  * **Fritz Letsch:** ...denn sie wissen nicht, was Liebe ist - Ketzerbrevier eines Altöttinger Ministranten - 2004 ISBN 390830-48-5, 100 Seiten 13 Mäuse incl. Versand http://www.agspak-buecher.de/Fritz-Letsch-denn-sie-wissen-nicht-was-Liebe-ist
+**Ein eher privates Thema: [[meine_queere_geschichte_in_bayern_und_muenchen]]**

BefreiungsBewegung

Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge

Unterschiede

Seiten-Werkzeuge